Kleinkind spielt an Schublade - Kindersicherheit

Mit sieben Sinnen sicher durchs Leben – Der Hörsinn

„Räumst Du bitte Dein Zimmer auf? Hörst Du was ich sage? Warum muss ich alles immer fünfmal sagen?“ Monologe dieser Art führen täglich tausende Eltern in Deutschland. Jüngere Kinder sind entschuldigt, denn das Nicht-Hören hat seine Gründe.

Der Hörsinn | AXA

Kinder müssen erst lernen, ihre sieben Sinne sicher zu gebrauchen.  Sie verarbeiten äußere Reize und Einflüsse anders als Erwachsene. Das macht sich im Alltag und in Gefahrensituationen bemerkbar. In unserer Serie fassen wir wichtige Fakten zur Entwicklung der sieben Sinne bei Kindern zusammen.

Teil 1: Der Hörsinn

Das Ohr bildet sich als eines der ersten Sinnesorgane noch im Mutterleib aus. Einmal auf der Welt erkennen Babys die Stimmen der Eltern, die sie im Mutterleib gehört haben, wieder. Sie erkennen Melodien und Muster in der Sprache und lassen sich durch Sprechen oder Vorsingen der Eltern beruhigen, selbst wenn das Gute-Nacht-Lied in den Ohren der Erwachsenen schief klingt.  

Nur wer gut hört, lernt gut sprechen

Gehör und Sprachvermögen hängen eng zusammen. Kleinkinder, die nicht gut hören, lernen oft schlechter oder später Sprechen. Es ist daher wichtig, eine Hörstörung früh zu erkennen und zu behandeln. Beim Neugeborenen-Hörscreening wird in den ersten Tagen nach der Geburt geprüft, ob Nervenimpulse aus dem Innenohr an das Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet werden. Die Untersuchung ist vollkommen schmerzfrei und kann durchgeführt werden, während das Baby schläft. Auch bei den späteren U-Untersuchungen spielt das Hörvermögen eine Rolle.

Hupe oder Hund? Eine Frage des Interesses

In den ersten drei Lebensjahren lernt das Kind, Gehörtes sinnvoll zu deuten und immer feiner wahrzunehmen. Aber erst mit ungefähr sechs Jahren ist der Hörsinn vollständig ausgereift. Doch selbst dann nehmen Kinder ihre Umwelt noch immer akustisch anders wahr als Erwachsene.
 
Die wichtigen Geräusche aus ihrer Umgebung herauszufiltern, fällt Kindern schwer. Sie konzentrieren sich unbewusst auf das, was sie interessiert. Das ist eben oft nicht die Aufforderung, das Zimmer aufzuräumen. Gefährlich kann das im Straßenverkehr werden, denn auch das Hupen eines Autos nehmen Kinder nicht zwangsläufig wahr, wenn sie abgelenkt sind. Der spielende Hund auf der anderen Straßenseite kann die Aufmerksamkeit so sehr auf sich ziehen, dass das Auto schlichtweg überhört wird.
 
Auch das räumliche Hören, also die Fähigkeit zu erkennen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt, ist erst spät ausgereift. Hinzu kommt, dass Kinder grundsätzlich mehr Zeit benötigen, um Sinneseindrücke zu verarbeiten. Erst mit acht Jahren nutzen Kinder bewusst ihr Gehör, zum Beispiel um sich im Straßenverkehr sicher zu bewegen.

„Aua, mein Ohr!“

Keine Krankheit sehen Kinderärzte in ihrer Praxis so oft wie die Mittelohrentzündung. Bis zum dritten Geburtstag sind rund 90 Prozent aller Kinder mindestens einmal ‒ annähernd die Hälfte sogar drei Mal ‒ von dieser schmerzhaften Erkrankung betroffen. Der Grund liegt in der Anatomie des kindlichen Kopfes. Tatsächlich kann eine Mittelohrentzündung das Gehör vorübergehend oder dauerhaft schädigen und auch die Sprachentwicklung stören. Deshalb sollten Eltern einen Verdacht immer vom Arzt abklären lassen.

Auch das Ohr braucht mal Pause

Ärzte stellen heute bei ca. 20 bis 25 Prozent aller Jugendlichen erste Anzeichen von Schwerhörigkeit fest. Wenn das Gehör nur vorübergehend einer hohen Lautstärke ausgesetzt ist, kann es sich durch Ruhepausen meist wieder erholen. Wer aber ständig laute Musik hört, läuft Gefahr, sein Hörvermögen zu schädigen. Bei Jugendlichen kommen oft sehr hohe Dezibel-Belastungen in Diskotheken oder auf Konzerten hinzu. Aber auch kurze und impulsive Lautstärken zum Beispiel durch Trillerpfeifen und Spielzeugpistolen können ein kindliches Gehör empfindlich stören und schädigen.
 
Sie wollen nicht länger Monologe halten? Versuchen Sie es mal, Ihre Bitte auf Augenhöhe und mit direktem Blickkontakt zu Ihrem Kind auszusprechen. Passiert auch dann nichts, liegt es wohl doch eher daran, dass Zimmer aufräumen einfach keinen Spaß macht.