
Strategien gegen Schikane am Arbeitsplatz
Serie Mobbing - Teil 4
Mobbing passiert nicht einfach so, es wird verursacht – Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft leiden ebenso darunter wie Tarifbeschäftigte im Öffentlichen Dienst und Beamte. Der vierte und letzte Teil unserer Artikelreihe zu diesem Thema zeigt Wege zu wirksamer Gegenwehr bei Benachteiligung, Herabsetzung und anderen Schikanen im Beruf auf. Wenn es nicht anders geht, gehören dazu auch juristische Mittel, denn weder Gesetze noch die Würde des Menschen enden am Amtseingang, und Gerichte wachen darüber, dass es dabei bleibt. Klare Kante gegen Mobber zeigt auch die Stadt München: Dort praktiziert man schon lange eine Form von Prävention, die als beispielhaft gilt.
Mobbingkonflikte stellen sich von Fall zu Fall anders dar, deshalb gibt es kein Patentrezept dafür sie zu lösen. Experten raten Betroffenen dazu, sich nicht in die Opferrolle drängen zu lassen, sondern rechtzeitig und entschieden Gegenwehr zu leisten. Je eher desto besser, denn die Erfahrung zeigt: Je länger Mobbing andauert, umso schwieriger wird es, die damit verbundenen Prozesse noch zu stoppen. Am besten stehen die Chancen dafür in der Anfangsphase.
Erste Hilfe: Selbst aktiv werden
Es gibt vielerlei Formen zur Bewältigung von Mobbing. Sie reichen von aktiver, direkter Auseinandersetzung mit den Verursachern über das Einschalten betrieblicher Interessenvertretungen bis hin zur juristischen Auseinandersetzung mit Tätern oder auch Arbeitgebern bzw. dem Dienstherrn. Was immer man tut, es sollte gut geplant und wohl überlegt sein. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di empfiehlt hierfür folgende Schritte:
Planen und Organisieren: Die Situation analysieren und Selbstkritik üben: Welche Motive haben die Kontrahenten für ihr Tun? Über welchen Einfluss im Betrieb verfügen sie, wo liegen ihre Stärken und Schwächen? Aber auch: Womit leistet man dem Mobbing möglicherweise selbst Vorschub.
Ziele formulieren: Was will man tun? Bis wann will man dies tun, und wessen Hilfe benötigt man dafür?
Beweise sichern: Für die eigene Argumentation in Konfliktgesprächen, bei Beschwerdeverfahren und vor Gericht sollten alle Vorfälle mit Datum, Uhrzeit und Beteiligten sowie mit Notizen zum Sachverhalt in einem Mobbing-Tagebuch protokolliert werden.
Direkter Klärungsversuch: Zumindest in der Anfangsphase kann man ein klärendes Gespräch suchen, auch wenn es schwerfällt. Das Ziel: eine kooperative Übereinkunft, um die Situation zu verbessern und erträglich zu gestalten.
Rat und Hilfe suchen: So früh wie möglich sollten sich von Mobbing–Betroffene innerbetriebliche Ansprechpartner wie Betriebs- oder Personalrat, Gleichstellungs- oder Frauenbeauftragte, oder Schwerbehindertenvertreter wenden. Diese beraten, informieren, und können im Rahmen ihrer Rechte selbst Gegenmaßnahmen ergreifen oder solche veranlassen.
Ratsam ist es auch, Unterstützung bei Kollegen zu suchen. Im Gespräch mit ihnen sollte es nicht um Schuldfragen gehen, sondern darum, mit ihrer Unterstützung Wege aus der Krise zu finden. Je nach Situation empfiehlt sich das persönliche Gespräch mit Vorgesetzten – gut vorbereitet, um konkrete Vorkommnisse genau benennen zu können und verallgemeinernde Vorwürfe zu vermeiden.
Externe Unterstützung heranziehen
Mobbing geht seelisch und körperlich an die Substanz, deshalb ist es wichtig sich zu stabilisieren. Familie und Freunde können helfen das Selbstwertgefühl zurückzugewinnen, Abwehrkräfte zu mobilisieren, und mit dem Blick von außen, neue Lösungswege zu erkennen. Selbsthilfegruppen bieten darüber hinaus die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen.
Mobbing-Beratungsstellen leisten individualtherapeutisch Hilfe und verfolgen oft einen systemischen Ansatz: Gemeinsam mit den Betroffenen wird die Situation am Arbeitsplatz analysiert, man erarbeitet und begleitet Lösungsschritte.
Wenn arbeitsrechtliche Verstöße erfolgen und arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht werden, sollte man Rechtsschutz bei Gewerkschaften suchen bzw. Anwälte einschalten.
Zum Mobbing gehört, dass Betroffene kaum noch abschalten und entspannen können, und dass ihre Gedanken ständig um die Probleme am Arbeitsplatz kreisen. Wer gesundheitliche Folgen spürt, sollte rechtzeitig medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Zur Stärkung des Wohlbefindens und der Widerstandskraft empfiehlt sich auch psychologische bzw. therapeutische Unterstützung. Grundsätzlich gilt: Wann immer möglich sollte man sich ablenken, zum Beispiel mit Entspannungstechniken, Sport, oder Unternehmungen, die Freude machen.

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Der Gang vor Gericht
Anders zum Beispiel in Frankreich oder Schweden gibt es in Deutschland kein Gesetz, das Mobbing am Arbeitsplatz ausdrücklich verbietet. Die Bundesregierung betrachtet Mobbing zwar als ernsthaftes gesellschaftliches Problem, hält aber laut ihrer Antwort auf eine 2014 gestellte Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen die derzeit geltenden rechtlichen Regelungen für ausreichend.
Wenn Gerichte angerufen werden, greifen sie auf allgemeine Schutzgesetze wie das Grundgesetz, das Betriebsverfassungsgesetz bzw. die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder, das Bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch, das Sozialgesetzbuch, das Arbeitsschutzgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zurück. Arbeits- und zivilrechtlich lassen sich damit durchsetzen:
- Das Beschwerderecht gegen den Arbeitgeber und beim Betriebs- oder Personalrat
- Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche
- Das Leistungsverweigerungsrecht
- Die außerordentliche Kündigung bzw. die Versetzung des Mobbing-Betroffenen
- Schadensersatz und Schmerzensgeld
Wenn Mobbingopfer durch Krankheit oder den Verlust des Arbeitsplatzes Schaden erleiden, können sie vom Täter Schadensersatz beanspruchen. Arbeitgeber oder Dienstherren haften für ihre Beschäftigten, wenn sie der Bitte um Abhilfe nicht nachkommen. Sie haften auch dann, wenn sie selbst Mobbing ausüben.
Verschiedene Mobbinghandlungen können auch strafrechtliche Delikte sein. Laut Strafgesetzbuch kommen dafür folgende Tatbestände in Betracht:
- Fahrlässige oder vorsätzliche Körperverletzung
- Nötigung
- Beleidigung
- üble Nachrede
- Verleumdung
Um strafrechtlich gegen Mobber vorzugehen, müssen Betroffene Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft, der Polizei oder dem Amtsgericht erstatten und einen Strafantrag stellen.
Juristische Schritte wohl erwägen
Vor Gericht tragen Mobbing-Betroffene die Beweislast, sie müssen den Ablauf und alle Einzelheiten des Mobbingprozesses genau darlegen. Deshalb ist es wichtig Beweise zu sichern, ein Mobbing-Protokoll zu führen, und möglichst Zeugen benennen zu können. Letzteres gestaltet sich dann schwierig, wenn Zeugen aus Angst vor persönlichen Nachteilen nicht aussagen wollen. Auch deshalb sind nicht alle zur Mobbing-Abwehr eingereichten Klagen erfolgreich, wovon man sich aber nicht entmutigen lassen sollte.
Beispielhafte Urteile deutscher Gerichte haben Mobbing-Betroffenen in den letzten Jahren größere Chancen eröffnet, sich erfolgreich juristisch zur Wehr zu setzen. Als besonders wichtig gelten Grundsatzentscheidungen und Leitsätze des Landesarbeitsgerichts Thüringen: Es hat mit ihnen auf Grundlage der Verfassung und geltenden Gesetze eine Konzeption zum Schutz vor Mobbing entwickelt, die klare Rechte und Pflichten im Arbeitsleben definiert und damit zur Rechtssicherheit beiträgt. Die positiven Auswirkungen dieser Rechtsprechung sind deutlich zu spüren – auch im außergerichtlichen Bereich mit Blick auf die Präventionsbereitschaft vieler Arbeitgeber und des Dienstherrn.
Prävention im Öffentlichen Dienst: Dienstvereinbarungen als probate Mittel
Im Zuge ihrer Fürsorgepflicht für Mitarbeiter müssen Arbeitgeber zum Thema Mobbing klar Stellung beziehen und dies auch deutlich machen. Ein bewährtes Mittel hierfür sind Dienstanweisungen und Dienstvereinbarungen.
Als vorbildlich gilt die von der Verwaltung der bayerischen Landeshauptstadt München gemeinsam mit Personalvertretern 1997 erarbeitete und seither mehrfach weiterentwickelte Dienstvereinbarung „Nein zu Mobbing und Schikane”. Sie beschreibt, wann Mobbing vorliegt und legt Rechte und Pflichten von Mitarbeitern und Vorgesetzten detailliert fest. Die Dienstvereinbarung beinhaltet ein Beschwerde- und Beratungsrecht, sie zeigt verbindliche Verfahrensschritte auf und verpflichtet Führungskräfte wie auch Personalräte zu Fortbildungen, die sie dafür qualifizieren, Mobbing und Schikane zu verhindern oder wirksame Lösungsstrategien zu entwickeln.
Den Beschäftigten wird zugesichert, dass sie sich beschweren können ohne Sanktionen oder andere nachteilige Auswirkungen befürchten zu müssen. Personal- und Schwerbehindertenvertretungen, die Gleichstellungsstelle für Frauen, eine psychosoziale Beratungsstelle sowie der betriebsärztliche Dienst und die Rechtsabteilung garantieren Beratung und Unterstützung. Bei der Lösungssuche müssen sich Mobbing-Betroffene und Vorgesetzte an eine klar definierte Schrittfolge halten:
- Erster Schritt
Bei Verdacht auf Mobbing wenden sich Betroffene an direkte oder nächsthöhere Vorgesetzte, diese führen mit den Beteiligten Einzelgespräche. - Zweiter Schritt
Man sucht gemeinsam Lösungsmöglichkeiten. Bisweilen genügen schlichtende Gespräche zwischen den Beteiligten oder das Verbessern von Arbeitsbedingungen. - Dritter Schritt
Hat man sich auf eine Strategie geeinigt, müssen die Vorgesetzten diese sofort umsetzen - Vierter Schritt
Führen Gespräche, Angebote und ergriffene Maßnahmen binnen vier bis sechs Wochen aus Sicht der Betroffenen oder der Vorgesetzten nicht zum Erfolg, können sich die Betroffenen an die nächsthöheren Vorgesetzten wenden. - Fünfter Schritt
Der letzte Einigungsversuch auf höheren Führungsebenen. Wird der Konflikt auch dort nicht gelöst, können die Beteiligten professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Spätestens jetzt müssen die Rechtsabteilungen wegen etwaiger juristischer bzw. dienstaufsichtlicher Konsequenzen, die Personalbetreuung zur Prüfung organisatorischer Lösungen, oder andere zuständige Stellen eingeschaltet werden.
Wenn Vorgesetzte ihre genannten Aufgaben nicht wahrnehmen, stellt dies eine Dienstpflichtverletzung dar, die disziplinar- und arbeitsrechtlich geahndet werden kann. Falls Mobbing-Handlungen nicht eindeutig nachzuweisen aber auch nicht auszuschließen sind, bietet die Münchner Stadtverwaltung eine Mediation an. Wenn auch das nicht zum Erfolg führt und Arbeitsplatzsituation unerträglich wird, sucht man für die Opfer neue Betätigungsfelder oder unterstützt sie bei Bewerbungen auf andere Stellen.
Wird Mobbing nachgewiesen, greifen gegen daran beteiligte Beschäftigte oder Vorgesetzte in der Dienstvereinbarung festgelegte Sanktionen wie Umsetzung, das Entbinden von Führungsaufgaben oder auch beamten- und arbeitsrechtliche Schritte. Die Bandbreite reicht von Missbilligungen über Verweise und Abmahnungen bis zur Kündigung bzw. Entfernung aus dem Dienst.
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